Verband Schleswig-Holsteiner
Kommunalarchivarinnen und -archivare e.V.

Kreisarchiv Plön - Ein Kreisarchiv macht Schule

Von Bettina Albrod
Archive können Leben retten: Seit einiger Zeit baut der Kampfmittelräumdienst eine Datenbank auf, in der verzeichnet ist, wo möglicherweise Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg liegen. So soll angesichts zunehmender Bautätigkeit sichergestellt werden, dass der Baugrund unbelastet ist. „Das ist eine wichtige Zusammenarbeit“, betont die Plöner Kreisarchivarin Heide Beese. „Wir haben Entschädigungs-Akten im Archiv über Angriffsschäden, die heute Rückschlüsse darauf ermöglichen, wo welche Bombe niederging.“
Wer Archive bisher für die Exoten im Keller der Verwaltung hielt, wird damit eines Besseren belehrt. Die Bomben sind nur ein Beispiel für Themen, wo Geschichtliches ins Aktuelle reicht. „Als Kommunalarchiv sind die Vorgänge, die hier archiviert werden, eher trockene Themen“, sagt Heide Beese. Oft gehe es dabei um rechtliche Absicherung, beispielsweise wenn es um Fragen zu Neubaugebieten, Wasserrechten oder Denkmalschutz gehe. „Das Kommunalarchiv ist für Rechtssicherheit zuständig. Es darf aber die Bestände ergänzen, wenn Bürger ihre Privatarchive abgeben.“ Damit setzt sich der Bestand des Kreisarchivs aus zwei großen Themengebieten zusammen. Das eine sind die Verwaltungsakten, das andere sind private Sammlungen zu ganz unterschiedlichen Themen. Ein Schwerpunkt in Plön liegt dabei auf alten Schulunterlagen aus dem Kreis.

Internatszeit in Plön dokumentiert
Diese Unterlagen lagern in einem der drei Magazinräume im Keller, wo altertümliche Damen und Herren von Ölgemälden an der Wand auf die vielfältigen Materialien in den Regalen herunterblicken. „Als das Internat in Schloss Plön aufgelöst wurde, habe ich einen Teil der Bestände hergeholt“, erklärt Heide Beese die Bilder und Unterlagen. Das Gymnasium der Stadt befand sich schon vor dem Krieg im Schloss, das seit dem 18. Jahrhundert als Lehranstalt diente, 1946 zu einem Internat wurde und 2001 schloss.  Ende der 1990er-Jahre hatte das Internat sich selber im Film gespielt: Die Jugendserie „Die Schule am See“ wurde in Schloss Plön gedreht.  2001 wurde das Schloss an den Unternehmer Günther Fielmann verkauft. „Ich habe damals viele Schulunterlagen ins Archiv holen können“, so die Kreisarchivarin.
Auch von der Fachabteilung Schule und Kultur hat sie häufig Schulakten bekommen, die beispielsweise für Projekte mit Schülern oder für Chronikarbeit genutzt werden können. „Der Kreis Plön ist Träger der drei Gymnasien im Kreis“, erklärt Heide Beese, „das ist ungewöhnlich, denn die meisten Schulen sind mittlerweile in die Trägerschaft der Städte übergegangen.“ Wenn es um die Fortschreibung von Schulchroniken geht, ist das Kreisarchiv eine Fundgrube. „Ich habe einen handgeschriebenen Zettel aus den 1920er-Jahren bekommen, auf dem ein Mann, dessen Vater Gärtner im Schloss war, seine persönlichen Erinnerungen aufgeschrieben hat“, gibt Heide Beese ein Beispiel für wertvolles Kulturgut.
„Wenn man private Sammlungen aufnimmt, muss man sie mit den Augen des Bürgers betrachten“, sagt sie: „Was will der in 50 Jahren wissen?“ Besonders wertvoll ist vor diesem Hintergrund auch ein großer Fotobestand, der dem Kreisarchiv privat übereignet wurde und der über Jahrzehnte die Stadtentwicklung Plöns seit den 1960er-Jahren dokumentiert.

Zusammenarbeit mit Schulen und Chronik-Autoren
Das Kreisarchiv stellt seine Archivalien der Öffentlichkeit zur Verfügung und ist offen für die Zusammenarbeit mit Schulen. „Einmal gab es ein Projekt, bei dem 25 Schüler ihre Jahresarbeit über „Plön im Spiegel der Presse im 19. Jahrhundert“ geschrieben“, so Heide Beese. Dafür saßen sie tagelang im Archiv und sahen die Jahrgänge der Plöner Zeitung durch, die fast vollständig gebunden im Magazin des Kreisarchivs erhalten sind. „Als die Zeitung sich aufgelöst hat, haben sie gefragt, ob wir die Bände haben wollen“, erinnert sich die Archivarin, die sofort zugriff. Auch die Zeitungen haben in „Die Schule am See“ mitgespielt: „Damals haben sich die Filmleute für den Dreh einige alte Zeitungen als Requisite ausgeliehen.“
Ein Ziel der Archivarin war es stets, das Archiv für Menschen zu öffnen. „Eine Zeit lang haben wir einen Ortschronik-Kreis gehabt.“ Weil viele Orte im Kreis Plön im 13. Jahrhundert gegründet worden sind, häufte sich die Zahl der Jubiläen, die eine Chronik erforderten. „Im Chronikkreis habe ich in Fortbildungen Themen wie Wappenkunde, Genealogie oder Umgang mit alten Handschriften vermittelt, in meiner Zeit sind rund 25 Chroniken geschrieben worden.“ Dazu kommt die wissenschaftliche Aufarbeitung historischer Fakten und Fundstücke im Jahrbuch für Heimatkunde Plön, das jährlich erscheint und stets bisher unveröffentlichte Themen vorstellt. Hier, so Heide Beese, habe sie schon oft Fundsachen aus dem Archiv verwenden können. „Demnächst erscheint darin ein Beitrag von mir zu den Mätressen des Plöner Herzogs.“

Alternative zum Container
Wertvolle Unterlagen werden im Kreisarchiv für die Ewigkeit gesichert und in das Verzeichnis der Bestände eingetragen. „Immer, wenn irgendwo ein Container auf dem Flur steht, gehe ich hin“, erklärt die Archivarin ihre Arbeit. „Erst kommt die Karteikarte, dann der Computer“, betont Heide Beese, „bei Stromausfall kommt man am PC nicht weiter.“ So wird auch eine Arbeitsmethode archiviert, die langsam aus der Mode kommt. 520 Regalmeter Akten, Bücher, Schriftstücke und Sammlungen füllen inzwischen die Räume, denn längst funktioniert die Zusammenarbeit mit der Verwaltung so, dass immer wieder Kartons mit Akten im Archiv auftauchen, wo sie registriert und eingeordnet werden. Unter www.kreis-ploen.de finden sich Ansprechpartner und Öffnungszeiten des Kreisarchivs.

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